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Goethe feiert Geburtstag – nicht nur in Weimar


Den 274. Geburtstag von Johann Wolfgang Goethe am 28. August haben wir traditionsgemäß mit einem großen Geburtstagsstrauß vor dem Goethe-Schiller-Denkmal in Weimar begangen. Für die Feierlichkeiten in Weimar sorgte die Klassik Stiftung vor dem Römischen Haus mit einer familienfreundlichen Mischung aus Basteln, Theater, Musik und vielem mehr. Und auch andernorts wurde gefeiert. Im Folgenden stellen wir einige Geburtstagsgrüße vor, die uns zugingen.

Ein bunter Geburtstagsstrauß für den Herren links auf dem Sockel. (Foto: Höfer)

Aus Aachen ist zu lesen: Bekanntlich kam Johann Wolfgang Goethe am „28sten August 1749, Mittags mit dem Glockenschlage zwölf“ als Frankfurter zur Welt. Grund genug für viele der deutschen Ortsvereinigungen, der Goethe-Gesellschaften weltweit und auch für die Weimarer Muttergesellschaft, dieses Ereignis jedes Jahr gern wieder erneut zu feiern. Freilich nimmt man es dabei mit dem Datum nicht ganz so genau.

Bereits am 26. August hatten Professor Dr. Helmut Schanze und seine Frau in ihren nach dem Grundriss des Hausgartens am Frauenplan gestalteten Goethe-Garten die Mitglieder der Aachener Ortsvereinigung eingeladen, zwar nicht gegen Mittag, aber auch um 17.00 Uhr läuteten die Glocken des nahen Kirchleins auf dem Laurentiusberg freundlich zur Begrüßung der Gäste.

Und wie in jedem Jahr wird die Aachener Goethe-Gesellschaft wieder eine Geburtstags-Matinee in Kooperation mit der Hochschule für Musik und Tanz Köln am Standort Aachen veranstalten. Sie findet am 17. September um 11 Uhr im Kammermusiksaal Aachen (Theaterstraße 18) statt unter dem Titel: „Matinee Goethe – Mozart – Aachen (1763)“. Goethe erinnerte sich 1830 „des kleinen Manns in seiner Frisur und Degen noch ganz deutlich.“

Das Ehepaar Schanze (stehend) bei der Feier der Aachener Goethe-Gesellschaft. (Foto: Rumler)

Bereits am Sonntag, dem 27.08.23, feierte die Goethe-Gesellschaft in Pößneck den 274. Geburtstag von J. W. v. Goethe. Dazu traf sie sich traditionell zum gemütlichen Kaffetrinken in Bodelwitz. Ein abwechslungsreiches Programm erwartete die 40 Teilnehmer. Zwei Schüler der 8. Klasse des Gymnasiums erfreuten die Anwesenden musikalisch mit Gitarrenklängen und Gesang. Mitglieder des Vereins trugen Verse von Goethe vor sowie ein selbst verfasstes Gedicht. Im August 1823 weilte J. W. v. Goethe zum 18. und damit letzten Mal in Pößneck. Diesem Ereignis wurde ebenfalls gedacht. Für alle Teilnehmer war es ein gelungener und geselliger Nachmittag.

Goethe-Feier mit Musik bei der Goethe-Gesellschaft Pößneck. (Foto: Wawrzik)

Aus Brasilien erreichen uns folgende Zeilen vom Präsidenten der brasilianischen Goethe-Gesellschaft, Prof. Dr. Marcus Mazzari:

„Vim ao mundo na cidade de Frankfurt, às margens do rio Meno, aos vinte e oito dias de agosto de 1749, quando os sinos dobravam a décima-segunda badalada do meio-dia. A constelação era auspiciosa […]“.

Assim começa, na bela e premiada tradução de Mauricio M. Cardozo (Editora Unesp, 2017), uma das mais célebres autobiografias da Weltliteratur / Literatura Mundial: „De minha Vida. Poesia e Verdade“.

Sobre os pontos cardeais da existência da „Criança Aniversariante“ de hoje („Geburtstagskind“, como se diz em alemão) observa Walter Benjamin no Verbete autobiográfico que redigiu entre 1926 e 1928 („Goethe“, in „Escritos sobre Goethe“: Editora 34, 2009 – trad. Irene Aron e Sidney Camargo):

„Quando Johann Wolfgang Goethe veio ao mundo em 28 de agosto de 1749, em Frankfurt am Main, a cidade tinha 30.000 habitantes. Em Berlim, a maior cidade do Império alemão, contavam-se então 126.000 habitantes, enquanto que em Paris e Londres já havia na mesma época mais de 500.000“.

„Goethe morreu no dia 22 de março de 1832, logo após a conclusão da obra [„Fausto II“]. Por ocasião de sua morte, o processo de industrialização da Europa se encontrava em crescimento desenfreado. Goethe previu esse desenvolvimento“.

Der Beginn von „Aus meinem Leben“ in portugiesischer Übersetzung. (Foto: Mazzari)

Auch das Düsseldorfer Goethe-Museum feierte: Normalerweise begeht man dort den Geburtstag des Namengebers mit einem Gartenfest, so auch im letzten Jahr. Da aber 2023 die Fassade renoviert wird und daher der kleine Park im Herzen der Stadt nicht zur Verfügung stand, bespielte das Team um Professor Dr. Wingertszahn alle Etagen des Hauses. Man plauderte bei dezenter Musik und betrachtete die Ausstellung „Es geht die Welt in Sprüngen: Achim von Arnim und sein Freundeskreis“.

Gegen 18 Uhr begann der Vortrag Stefan Bollmanns zu seinem neuen Buch: „Der Atem der Welt. Goethe und die Erfahrung der Natur“, in dem er den Dichter als Naturwissenschaftler präsentierte und dessen Verhältnis zur Umwelt deutlich machte – um Erhalt und Pflege eines gesunden Lebensraums bemüht. Goethe schätzte seinen Nutzgarten und liebte dessen Blütenpracht, studierte den Wuchs seiner Pflanzen und versuchte, die Urpflanze zu finden. Naturschutz war für Stefan Bollmann ein zentrales Anliegen des Dichters. Dass Stefan Bollmann wegen der zahlreichen Signierwünsche selbst kaum in den Genuss der delikaten Canapés kam, wird er verschmerzt haben.

Beinahe als Kontrastprogramm zu diesem eher ernsten Thema präsentierten Dr. Kilian Evang und Florian Tim in ihrer Lesung anschließend ihre Sprachschöpfung NEUTSCH: Die Gesellschaft zur Stärkung der Verben hat sich 2002 gegründet, um die Grammatik des Deutschen abwechslungsreicher zu gestalten und den Wortschatz unverfroren auszuweiten. Dabei entsteht NEUTSCH: Sprachinnovationen mit neuen, starken Konjugationen, liebevollen Unregelmäßigkeiten und buchstäblicher Vielfalt in allen Formen. Amüsiertes Gelächter des Publikums dokumentierte dabei wiederholt, dass diese sehr eigene Art der Sprachbereicherung offenbar Anklang fand.

Kurz: ein vergnüglicher und anregender Abend, an dem Goethe gewiss seine Freude gehabt hätte.

Stefan Bollmann kommt den vielen Signierwünschen nach. (Foto: Rumler)

Aus Frankfurt am Main erfährt man, dass es im Universitätsarchiv der Goethe-Universität Tradition ist, am 28. August um 12 Uhr vor der Goethe-Büste Rauchs im dortigen Lesesaal mit einem Gläschen „Goethe-Bowle“ anzustoßen. Manchmal gibt es auch Geschenke, so am 28. August 2020: Ein Nutzer bringt ein Exemplar „Kalanchoe pinnata“ (Goethepflanze) mit, siehe Foto. In diesem Jahr feiert das Archiv den Geburtstag Goethes nach, weil man dort mitten in einem Umzug ist. Ab 2024 dann wieder: 28.8., 12 Uhr, Universitätsarchiv der Goethe-Universität Frankfurt, Dantestraße 9. Mit Bowle!

Eine Goethepflanze vor ihrem Namengeber. (Foto: Maaser)

Ein ausführliches Programm erreicht uns aus Chemnitz: Siegfried Arlt, der Vorsitzende der Chemnitzer Goethe-Gesellschaft, begrüßte am Nachmittag des 27. August, einem Sonntag, im Anwesen der Goethefreunde Christine Stein und Ulrich Richter die Gäste, um den bevorstehenden 274. Geburtstag des Namensgebers zu begehen.

Siegfried Arlt erinnerte in seiner Begrüßung an frühere Geburtstagsfeiern, verlas einen Brief auswärtiger Goethe-Freunde, die auf Spuren der Chemnitzer Goethe-Gesellschaft vor dem Goethe-Museum in Marienbad gestoßen waren, und bat schließlich die Gäste ihr Glas zu Ehren des Jubilars zu erheben.

Nach der Stärkung der Gäste durch Kaffee und Kuchen leitete Siegfried Arlt zum zweiten Teil der Zusammenkunft über und begrüßte die Musikgruppe „Da Capo“. Unter der Leitung von Christiane Korn stellten sich Dr. Magdalene Meyer, Karla Schönfeld, Dr. Klaus Gruner und Harald Siemann mit einem Thema aus der A-Dur-Sonate von Wolfgang Amadeus Mozart vor.

Siegfried Arlt erinnerte zunächst an die Entstehungsgeschichte von Goethes „Heidenröslein“ und rezitierte den Text. Darauf trugen die Musiker zunächst die Volksweise und anschließend die Vertonung Franz Schuberts vor. In der gleichen Form machte Arlt die Gäste mit dem Text von „Wanderers Nachtlied“ bekannt. Hier folgte ebenfalls die Vertonung Franz Schuberts. Aus „Wilhelm Meisters Lehrjahren“ verwies Arlt auf Goethes Gedicht „Kennst Du das Land ….“ Siegfried Arlt erinnerte daran, dass dieser Text von über 100 Komponisten vertont wurde. Darunter befinden sich berühmte Komponisten wie Beethoven, Zelter, Schubert und Schumann. Die Musiker trugen zu diesem Text die Liedfassung nach der Oper „Mignon“ von Ambroise Thomas vor. Abschließend machte Siegfried Arlt auf Goethes Gedicht „Das Veilchen“ aufmerksam und rezitierte es eindrucksvoll. Hier folgte die Vertonung Franz Schuberts. Die Gäste wurden von Sprache und Musik zum Mitsingen oder Mitsummen angeregt, auch wenn das bei den Kunstliedern nicht ganz so einfach ist.

Mit einem Vortrag des „Menuettes“ aus der Kleinen Nachtmusik von Wolfgang Amadeus Mozart und dem „Second Waltz“ von Dimitri Schostakowitsch endete die Geburtstagsfeier. Siegried Arlt dankte den Gastgebern Christine Stein und Ulrich Richter, der Musikgruppe „Da Capo“ und den Mitgliedern der Goethe-Gesellschaft. Ohne Zweifel war diese Form der Geburtstagsfeier ein Genuss.

Siegfried Arlt (stehend) bittet die Gläser auf Goethes Geburtstag zu erheben (Foto: Schwarzenwald)

In Heidelberg verzichtet man auf einen ausführlichen Bericht und sendet stattdessen ein kurzes Video:

Markhabo Sattorova war dieses Jahr bereits als Stipendiatin der Goethe-Gesellschaft in Weimar. Inzwischen ist sie wieder zurück in Taschkent und sendet von dort ihre Übersetzungen von Goethe-Gedichten ins Usbekische. Eine kleine Kostprobe:

Teilen kann ich nicht das Leben,
Nicht das Innen noch das Außen,
Allen muß das Ganze geben,
Um mit euch und mir zu hausen.
Immer hab ich nur geschrieben,
Wie ich fühle, wie ich’s meine,
Und so spalt ich mich, ihr Lieben,
Und bin immerfort der eine.

Men hayotni bo’lisha olmadim
Na zohiran va na sohiran.
Yarimta qilib bera olmaydi
Siz va men ila yashashi uchun.
Bitigim bisyor; yozib doimiy,
Dilimini  tilay, tug’yonim tig’lay!
Sevgingiz qoshida o’zim burdalay,
Lek butunlikda olg’a intilay!

Vom Gotthard in der Schweiz erfährt man Folgendes: Anlässlich der zweiten Ausgabe der „Goethe Tage Andermatt“ fand in der dortigen Konzerthalle ein Podiumsgespräch statt, an dem u. a. Adolf Muschg teilgenommen hat. Der anschließende Liederabend des Tenors Julian Prégardien wurde am Flügel vom Weimarer Pianist Daniel Heide begleitet. Tags darauf geschah dann auf dem Gotthardpass, tief in Innern von Goethes Urgestein Granit, gar wunderliches: Goethe begrüßte im Museum Sasso San Gottardo die Gäste gleich persönlich, assistiert von seinem Sekretär und Diener Ludwig Geist, der ihn zur dritten Gotthardreise begleitet hatte. Feierlich übergab er der Präsidentin der Goethe-Gesellschaft Schweiz, Frau Dr. Margit Wyder, das Wort zu ihrer Sonderführung durch die einzigartige Ausstellung über seine dreimaligen Gotthardreisen. Dem Publikum gefiel die Darbietung von Michael Schwyter ausgesprochen gut – interessanterweise stammt der Schauspieler aus Johann Heinrich Meyers Heimatort Stäfa!

Auch an seinem 274. Geburtstag noch viel beschäftigt: Goethe mit seinem Diener Ludwig Geist, gespielt von Michael Schwyter (Foto: Zingg)

Und noch einmal Aachen: Traditionell feiert man dort den Geburtstag Goethes doppelt: mit einem Beisammensein im „Goethe-Garten“ des Vorsitzenden und einer festlichen Matinee in der Stadt. Das kleine Refugium voller Rosen und Astern von Helmut und Ulrike Schanze in Laurensberg ist dem Grundriss des Gartens am Frauenplan nachempfunden. Die Matinee folgt stets zeitnah, wenn der Konzertsaal der Musikschule frei ist. In diesem Jahr war das am 17. September.

Unterstützt von dem Pianisten Matthias Rein, hatte sich Helmut Schanze wieder ein beeindruckendes Musikprogramm einfallen lassen. Inspirieren ließ er sich dabei von Äußerungen Goethes. Im Sommer 1763 trat Leopold Mozart mit seinen beiden „Wunderkindern“ Maria Anna, dem „Nannerl“, und Wolfgang Amadeus, dem „Wolferl“, eine große musikalische Europatournee an. Eine der Stationen war Frankfurt am Main. Dort saß der vierzehnjährige Goethe im Publikum. „Ich erinnere mich des kleinen Manns in seiner Frisur und Degen noch ganz deutlich“ – so Goethe noch im hohen Alter 1830.

Einer der weiteren Auftritte auf der Weiterreise nach Brüssel und Paris war in der Badestadt Aachen, „der theuerste Ort, den ich zeit meiner Reiße angetroffen.“ Diese Konzerttermine hatte die Goethe-Gesellschaft Aachen 2023, nach 260 Jahren, zu einem zusammengefasst: „Goethe – Mozart – Aachen (1763)“.

Nur konsequent war es, für dieses Konzert zwei junge Geigerinnen und eine junge Pianistin als Interpreten für Mozarts erste Kompositionen zu verpflichten: Isabella und Vittoria Fieten, die schon erste Preise im Wettbewerb „Jugend musiziert“ gewonnen haben, und Christine Schlösser, die sich, nach einem dreijährigen Unterricht, an den gewiss nicht einfachen Klavierpart für das „Nannerl“ gewagt hat.


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