Gesellschaft

Portrait der Goethe-Gesellschaft

Am 20. und 21. Juni 1885 wurde die Goethe-Gesellschaft in Weimar gegründet. Wenige Monate später besaß sie bereits 1600 Mitglieder im In- und Ausland. Goethe-Freunde und Goethe-Forscher fanden sich zusammen. Eine besondere Rolle bei der Gründung der Goethe-Gesellschaft spielte das Schicksal von Goethes Erbe. Sein letzter Enkel Walther Wolfgang von Goethe war am 15. April 1885 gestorben. In seinem Testament hatte er das Wohnhaus des Dichters am Frauenplan dem Großherzogtum Sachsen-Weimar-Eisenach und damit dessen Herrscher Carl Alexander, den handschriftlichen Nachlass Goethes hingegen der Großherzogin Sophie vermacht. Im selben Jahr noch wurden ein Goethe-Archiv und das Goethe-Nationalmuseum gegründet. Die Unterstützung und Förderung dieser wissenschaftlichen Institutionen zählte bis in die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg zu den wichtigsten Aufgaben der Goethe-Gesellschaft. Weimar entwickelte sich zu einem Zentrum der Goethe-Pflege und Goethe-Forschung. Die Goethe-Gesellschaft übernahm das 1880 begründete Goethe-Jahrbuch als ihr Publikationsorgan und gründete eine eigene Schriftenreihe, in der vor allem unbekannte Schätze aus dem Goethe-Archiv veröffentlicht wurden.

Kontinuierlich wuchs die Mitgliederzahl. 1917 wurde in München die erste Ortsvereinigung gegründet. Ortsvereinigungen der Goethe-Gesellschaft entstanden nach dem Ersten Weltkrieg in zahlreichen deutschen Städten. Weimar und die deutschen Goethe-Städte standen in gutem, zuweilen auch spannungsreichem Kontakt. 1939 hatte die Goethe-Gesellschaft ihre Tätigkeit einstellen müssen. Nach der Befreiung Deutschlands wurde ihr von der sowjetischen Besatzungsmacht im März 1946 die Erlaubnis erteilt, wieder tätig zu werden. Weimar blieb Sitz der Gesellschaft. Die Goethe-Gesellschaft, eine gesamtdeutsche literarische Vereinigung, geriet in die Spannungen des Kalten Krieges. Indem sie sich 1967 einen internationalen Status gab, konnte eine drohende Spaltung verhindert werden.

Seit 1990 konnte die Goethe-Gesellschaft international agieren. Zu ihren Hauptversammlungen finden sich alle zwei Jahre in der Woche nach Pfingsten Goethe-Freunde aus aller Welt ein. Goethe-Jahrbuch und Schriftenreihe sind ein Spiegel der aktuellen Goetheforschung. Über die weltweiten Aktivitäten der Goethe-Gesellschaft berichtet der vierteljährlich erscheinende Newsletter. Seit 1993 lädt die Goethe-Gesellschaft Stipendiaten zu Forschungsaufenthalten nach Weimar ein. Sie veranstaltet darüber hinaus in Weimar Vorträge, Symposien und Goethe Akademien.

In den geistigen Auseinandersetzungen der Zeit bezieht die Goethe-Gesellschaft Position, setzt sich ein für die Pflege und Erforschung von Goethes Leben und Werk überall in der Welt. In den 57 deutschen Ortsvereinigungen und den 40 internationalen Goethe-Gesellschaften besitzt sie gute Verbündete. Ein Goethe-Netzwerk spannt sich über alle Kontinente.

Literatur zum Thema

Götz, Wolfgang: 50 Jahre Goethe-Gesellschaft. Weimar 1936

Mandelkow, Karl Robert: Goethe in Deutschland. Rezeptionsgeschichte eines Klassikers. Bd. 1. München 1980. Bd. 2. München 1989

Hahn, Karl-Heinz: Die Goethe-Gesellschaft in Weimar. Geschichte und Gegenwart. Weimar 1989

Reiter, Karl J.: Die Gründung der Goethe-Gesellschaft in Weimar. Weimar 1999
Goethe in Gesellschaft. Zur Geschichte einer literarischen Vereinigung vom Kaiserreich bis zum geteilten Deutschland. Hrsg. von Jochen Golz u. Justus H. Ulbricht. Köln, Weimar, Wien 2005

Wilson, W. Daniel: Der faustische Pakt. Goethe und die Goethe-Gesellschaft im Dritten Reich. München 2018