Blog

Publikationen & Dokumente

Protokoll des Treffens der Ortsvorstände deutscher Goethe-Gesellschaften vom 26. bis 29. Mai 2022 in Bad Alexandersbad im Fichtelgebirge

von Angelika Kemter

Inhalt


Einweihung der Goethebüste im Kurpark und Ausstellung „Knöpfe aus der Goethezeit“ am 26. Mai 2022

Den Auftakt zum diesjährigen Treffen bildete die Einweihung der Goethebüste im Kurpark von Bad Alexandersbad, pandemiebedingt mit zwei Jahren Verspätung. Musikalisch begleitet von Dieter Schumann (GG Erfurt) und unter großem Beifall enthüllten die Regierungspräsidentin von Oberfranken, Heidrun Piwernetz, der stellvertretende Landrat, Roland Schöffel, Bürgermeisterin Anita Berek und der Vizepräsident der Goethe-Gesellschaft in Weimar, Prof. Dr. Jochen Golz, die Büste aus regionalem Marmor.  In Grußworten würdigten sie das Engagement der Goethefreunde und lobten die Arbeit des Bildhauers Wolfgang Stefan aus Selb, der seinerseits einige Ausführungen zum Entstehen der Büste machte. Das Denkmal für Goethe, der dreimal im Fichtelgebirge weilte, bildet am Quellenplatz mit den Büsten von Markgraf Carl Alexander und Königin Luise ein schönes Ensemble. Angeregt wurde, es durch eine Büste des Dichters Jean Paul zu ergänzen. Ein weiterer Höhepunkt am Eröffnungstag der Tagung war die Ausstellung „Knöpfe aus der Goethezeit“, zu der die engagierte Sammlerin Friederike Köstner aus Kulmbach einen interessanten Vortrag hielt und auch direkt an den Ausstellungsobjekten zahlreiche Fragen des interessierten Publikums beantwortete.


Protokoll der Arbeitssitzung 27. Mai 2022, 9 bis 12 Uhr

Der Vorsitzende der Geraer Goethe-Gesellschaft (GGG), Bernd Kemter, der die Organisation der Tagung übernommen hatte, begrüßte die Teilnehmer und informierte über die Tagesordnung und die weiteren Angebote.

Die Arbeitstagung begann mit einer Schweigeminute für die in den letzten Jahren verstorbenen Vorsitzenden von Ortsvereinigungen Dr. Helga Bonitz (Chemnitz), Prof. Gernot Böhme (Darmstadt) und Dr. Wolfgang Pollert (Augsburg).

Sodann wurden drei langjährige engagierte Goethe-Freunde zu Ehrenmitgliedern ernannt: Frau Dr. Margrit Wyder aus Zürich, Herr Prof. Dr. Hans-Joachim Kertscher aus Halle und posthum Herr Dr. Wolfgang Pollert aus Augburg.

In der Laudatio für Frau Wyder, Präsidentin der Goethegesellschaft der Schweiz, nannte Frau Prof. Anne Bohnenkamp sie eine „Expertin für Goethes Beziehung zur Natur“ und hob besonders ihr Wirken als Ausstellungskuratorin hervor. Sie verwies auf die am Gotthard für Juli geplante neue Ausstellung und nannte Frau Wyder einen „Glücksfall für alle Goethefreunde“.

Die Laudatio für Herrn Prof. Dr. Hans-Joachim Kertscher hielt Prof. Jochen Golz. Er schilderte seinen Werdegang, würdigte sein reiches wissenschaftliches Werk und Engagement für neuere deutsche Literatur. Aber auch Kertschers Vortragstätigkeit, sein langjähriges Wirken als Vorsitzender der GG Halle und als Vorstandsmitglied der GG Weimar, wo er als Mitherausgeber des Newsletters wirkte, führten zur Entscheidung, ihm die Ehrenmitgliedschaft zu verleihen.

Für Herrn Dr. Wolfgang Pollert ergriff Dr. Claudia Leuser das Wort und bedauerte sehr, dass die Laudatio nun zu einem Nachruf wurde. Sie würdigte Pollert als treibende Kraft bei der Gründung der GG Augsburg, deren Vorsitz er 2018 übernommen hatte. Wolfgang Pollert habe sie fast 17 Jahre lang mit viel Herzblut und organisatorischem Geschick maßgeblich geprägt. In der Erinnerung bleibe ein ganz besonderer, liebenswürdiger Mensch. Die Ehrennadel und Ehrenurkunde waren Wolfgang Pollerts Witwe bereits vorab zugeschickt worden, da sie sich nicht in der Lage sah, die Auszeichnung für ihren verstorbenen Mann in Bad Alexandersbad entgegenzunehmen.

Bericht aus Frankfurt am Main

Frau Prof. Dr. Anne Bohnenkamp, Direktorin des Freien Deutschen Hochstifts/ Frankfurter Goethemuseum, dankte Bernd Kemter, dass er erneut die Organisation einer Jahrestagung der Vorstände der Ortsvereinigungen übernommen hatte.

Sodann verwies sie darauf, dass sie im Vorstand der GG Weimar als Verbindungsfrau für die Ortsvereinigungen zuständig ist. Das wolle sie künftig auch auf bilateraler Ebene pflegen und lud dazu auch alle OV nach Frankfurt am Main ein.

Zunächst ging Frau Bohnenkamp auf die Situation im Frankfurter Goethemuseum während der Pandemie ein. Sie schilderte, wie Alternativen zum Vor-Ort-Besuch gesucht und gefunden wurden und dass auch bis jetzt daran angeknüpft wird, weil Besucher noch zögerlich kommen. So sind beispielsweise die Programme 2020, 2021 und 2022 digital abrufbar. Als einen erfreulichen Effekt bezeichnete Frau Bohnenkamp die Podcastangebote der FAZ, die viele Tausend Zuhörer eingebracht haben. „Das ist eine Chance, unsere Themen in ein breites Publikum zu bringen.“

Das Museum während der Pandemie völlig zu schließen, sei schwierig gewesen, nur zu überstehen durch die Hilfe der Öffentlichen Hand. Für die Gästeführer war Kurzarbeit angesagt. Wissenschaftler am Museum und Freien Deutschen Hochstift konnten weiter arbeiten. Ja, die Zeit der Schließung sei insofern ein Segen gewesen, als an den neuen Projekten intensiv gearbeitet werden konnte. So habe es bei der Eröffnung des Hauses zwei Gruppen von Mitarbeitern gegeben: Die eine, die von Null auf 150 durchstarten konnte, die andere, die dringend eine Verschnaufpause gebraucht hätte.

Die Zahlen von 2019 mit rund 120 000 Besuchern im Goethehaus konnten noch nicht wieder erreicht werden, kamen doch 40 bis 50 Prozent aus Übersee. So muss das Haus jetzt mit weniger Einnahmen am Leben gehalten werden. Aber mit dem Deutschen Romantikmuseum werden verstärkt auch Menschen in der Region angesprochen.

Außerdem sprach Frau Bohnenkamp an alle Goethefreunde die Einladung aus, sich das neu gestaltete Haus vor Ort anzusehen. Am Großen Hirschgraben habe sich sehr viel verändert durch Abriss des Gebäudes neben dem Goethehaus und den Neubau des Romantikmuseums. Viele Menschen aus ganz Deutschland und darüber hinaus hätten sich dafür eingesetzt. Es ermögliche nun, das Verhältnis zwischen Goethe und der Romantik neu in den Blick zu nehmen. Der Binnenblick: Unterschiede zwischen Goethe und der Romantik. Der Blick von weiter weg: Goethe als wichtigsten Romantiker oder als Dialogpartner zur Romantik betrachten.

Im Detail ging Frau Bohnenkamp darauf ein, wie die Jugendzeit Goethes bis zu den Anfängen der Romantik verlief, auf Gemälde aus der Goethezeit und Literatur der deutschsprachigen Romantik (Handschriften zur Literatur der deutschen Romantik werden im Freien Deutschen Hochstifts seit über 100 Jahren gesammelt; weltweit besitzt es die umfangreichste Sammlung dieser Art).

All dies wird in dem neuen Haus präsentiert, Musik und Kunst, Politik und Architektur werden immer mit einbezogen. Besonders erfreut zeigte sich Frau Bohnenkamp, dass papierne Originale in die Dauerausstellung einbezogen werden konnten, obwohl deren Lebenszeit begrenzt ist. Möglich wird das durch geschlossene, klimatisierte Vitrinen, die der Besucher selbst öffnen kann, so dass die Dokumente nur für kurze Zeit ans Licht kommen. Das führe (dokumentiert mit Zeitmessgeräten) zu einer geringeren Belastung als bei Wechselausstellungen. 

Zusammen mit anderen modernen Medien wie Filmen und Hörinstallationen haben diese Papierobjekte selbst beim relativ „ahnungslosen“ Publikum eine positive Resonanz erzeugt. Allerdings gab es angesichts der Fülle der Objekte den Einwand des Publikums, dass man all die 35 Stationen gar nicht bei einem einzigen Besuch absolvieren könne.

Es gibt keinen Katalog zur Ausstellung, sondern Stationen-Hefte. Zudem das Buch „Schatzhäuser der Romantik“ als Wegweiser zu den verschiedensten Museen und Gedenkstätten.

Ergänzung und Anfrage von Dr. Burkhard Leimbach, Nordenham

Auch die GG Nordenham habe versucht, neben dem Online-Auftritt Podcast-Angebote zu nutzen. Dafür haben sich nicht nur Mitglieder interessiert, sondern auch andere Leute, bis hin nach Berlin. Leimbach wollte wissen: Gibt es Rückmeldungen von der FAZ, ob sich die Struktur der Interessenten am Goethehaus/Romantikmuseum geändert habe.

Antwort Bohnenkamp: Die FAZ zählt – aus Gründen des Datenschutzes – nur die Zugriffe, aber es ist unbekannt, welche Leute dahinter stehen. Zuweilen sind es über 8000 in der Woche.

Bericht aus Weimar

Herr Prof. Dr. Jochen Golz, inzwischen Vize-Präsident der Goethe-Gesellschaft in Weimar, berichtete in seinem Rückblick, dass die Corona-Pandemie auch die Arbeit der Muttergesellschaft beeinträchtigt habe. Die Vortragstätigkeit konnte nicht wie gewohnt in bewährter Weise fortgesetzt werden.

Der bisherige Sitz der Geschäftsstelle im Stadtschloss musste geräumt werden, da es voraussichtlich zehn Jahre lang restauriert wird. So ist die Weimarer Goethegesellschaft in ein neues Quartier umgezogen, ins Studienzentrum der Herzogin Anna Amalia Bibliothek. Allerdings ist die GG wegen noch fehlender Beschilderung im Moment schwer zu finden. Für Gruppenempfänge kann die GG einen Raum der Klassikstiftung nutzen.

Weiterhin informierte Herr Golz darüber, dass die bisherige Geschäftsführerin Dr. Petra Oberhauser und die Mitarbeiterin der Geschäftsstelle, Cornelia Brendel, zum 31.5.2022 ihre Tätigkeit beenden. Ein kleiner Empfang ermögliche es Goethefreunden, sich zu verabschieden.

Für die Nachfolge des Geschäftsführers hatte es eine Ausschreibung gegeben. Eine Auswahl-Kommission habe sich für Herrn Dr. Hannes Höfer entschieden, der bisher an der Uni Jena tätig war. Es werde noch eine gewisse Einarbeitungszeit brauchen, aber insgesamt zeigte sich Golz optimistisch. „Ich glaube, dass wir einen guten Griff getan haben. Es wird gut funktionieren.“ Ebenso positiv steht er der Nachfolgerin für Frau Brendel gegenüber. Frau Krey, die bisher in der Buchhaltung und im Management gearbeitet hat, ist als Halbtagskraft beschäftigt. Bestimmte Aufgaben wie Haushaltsaufstellung, Jahresbilanzen, Anträge für Drittmittel und Ähnliches werde Herr Höfer übernehmen müssen.

Zur Jahrbucharbeit sagte Prof. Golz, dass die Redaktion von der Klassikstiftung (mit der Historikerin Frau Fuchs) übernommen wird, bisher war Frau Oberhausers Arbeit zu 50 Prozent davon ausgefüllt. So wird die Klassikstiftung auch einen Mitherausgeber für das Goethe-Jahrbuch benennen; Forschungsergebnisse der Klassik Stiftung werden einfließen, jedoch bleibt das Jahrbuch das Organ der Goethegesellschaft, ein Bindeglied zwischen Mitgliedern und Vorstand. Deshalb sind die Chroniken der Ortsvereinigungen ein wichtiger Teil des Jahrbuchs.

Das Festhalten am Medium Buch schließe nicht aus, sich anderen Medien zu öffnen. Dr. Petra Oberhauser habe sich bei der Redaktion des Jahrbuchs besondere Verdienste erworben, sie sei aber auch auf Facebook aktiv geworden und habe zahlreiche Follower gefunden. Der Newsletter wird künftig rascher mit neuen Nachrichten gefüllt werden können; das dafür installierte Content Management System mache es möglich. Die Ortsvereinigungen bleiben wichtige Ansprechpartner.

Die nächste Hauptversammlung ist für 2023 vorgesehen. Sie steht unter dem Motto „Goethe international – seine Rezeption jenseits der deutschen Grenzen“.

Im Stipendienprogramm habe es leider durch die Pandemie Einbußen gegeben. Zur Zeit sind Stipendiatinnen aus Stockholm, Madrid, Petersburg und Kutaissi in Weimar zu Gast. Eingeladen war auch eine ehemalige Stipendiatin aus der Ukraine, die jedoch nicht kommen konnte.

Außerdem ging Golz kurz auf die Umgestaltung der Dichterhäuser Schillerhaus und Goethehaus ein und verwies auf die neue Wielandausstellung in Oßmannstedt sowie die Eröffnung der Cranach-Galerie am 4. Juni 2022 und auf die von der Klassik Stiftung zum Thema Sprache aufgestellten Spielsteine in der Stadt Weimar.

Der Neue stellt sich vor

Dass er offenbar nicht nur ein ernsthafter, sondern auch ein humorvoller Mensch ist, machte Herr Dr. Hannes Höfer gleich zu Beginn seiner Vorstellung deutlich mit den Worten: „Ich bin die neue Frau Oberhauser“.

Der 36-Jährige informierte kurz über seinen Werdegang: Geboren in Karl-Marx-Stadt, aufgewachsen in der Nähe von Coburg, studierte er in Jena Germanistische Literaturwissenschaft, Philosophie und Neuere Geschichte. Bisher war er Mitarbeiter am Institut für Germanistische Literaturwissenschaft in Jena. Als seine Freizeitbeschäftigungen nannte er das Spielen von Klarinette und Saxophon sowie Sport: Laufen. 

Bei allem Bemühen sei es unmöglich, die Fußstapfen von Frau Oberhauser von Anfang an auszufüllen, warb Höfer um Nachsicht und Geduld. Doch werde er von zwei „alten Hasen“ gut eingearbeitet und seine Vorgängerin beruhigte ihn, dass sie selbst zwei Jahre gebraucht habe, um alle Aufgaben zu packen. „Bei mir wird es dank der Hilfe sicher schneller gehen.“

Um mit allen Ortsvereinigungen ins Gespräch zu kommen, lud Höfer herzlich in die Geschäftsstelle ein. Auch informierte er über Vorhaben wie das Überarbeiten der Internetseite, einen Blog und Podcastangebote. Erste Ergebnisse hoffe er zur Hauptversammlung 2023 vorstellen zu können. Auf Nachfrage informierte Höfer, dass die neue E-Mailadresse in Kürze mitgeteilt wird. Die Geschäftsstelle ist montags bis donnerstags, von 10 bis 16 Uhr, und freitags bis 14 Uhr geöffnet.

Bericht aus Düsseldorf

Herr Prof. Dr. Christof Wingertszahn, Direktor des Düsseldorfer Goethe-Museums, blickte auf die letzten vier Jahre zurück. Wegen Corona und aus bautechnischen Gründen musste das Museum schließen, was sich  jedoch für die Bauleute als Glück erwies. Entscheidend verbessert habe sich die Situation für das Goethe-Museum durch ein neues Oberhaupt der Stadt Düsseldorf und die Tatsache, dass der Staat Geld bereitgestellt hat für die Sanierung des Schlosses Jägerhof, in dem sich das Museum befindet. 2022/23 wird die Fassade saniert, 2024 oder 2025 müssen Wände aufgestemmt werden. Deshalb muss das Museum zeitweise ausziehen. „Wir wollen dennoch Goethe unter die Leute bringen.“ 

Bisher habe man digital für Kinder und Jugendliche gearbeitet. Nun gibt es auch in Düsseldorf Überlegungen zu Podcastangeboten. In Zusammenarbeit mit der Stadt (beispielsweise im Hinblick auf Günther Ueckers Siebdrucke zum „West-östlichen Divan“) sind Uecker, Goethe und Hafis in Beziehung gesetzt worden. Immer gilt der Grundsatz: „Alle Veranstaltungen bei uns müssen einen Bezug zu Goethe haben.“ In Bezug zu Goethes Farbenlehre ist mit einem Modedesigner zusammengearbeitet worden.

Weiterhin verwies Herr Wingertszahn auf drei Sonderausstellungen, in denen Bestände neu mit anderen Objekten kombiniert werden. Eine beleuchtet die Beziehung von Goethe zu Beethoven. Sie war bis 19.6. 2022 anberaumt, wird aber voraussichtlich verlängert. Wingertszahn berichtete außerdem, wie Schüler sich mit dem Beethoven-Kanon „Edel sei der Mensch, hilfreich und gut“ nach dem Goethe-Gedicht auseinandersetzen, und von einem ergreifenden Konzert des in Odessa gebürtigen Pianisten Vadim Neselovskyi  für die Ukraine. 

Bei der zweiten Sonderausstellung steht Lokalgeschichte im Mittelpunkt in Form von Aquarellen aus der Düsseldorfer Malerschule, die Kulturgeschichte der Stadt zeigen. In der dritten Sonderausstellung beschäftigen sich Studenten der Architektur mit dem Goethemuseum als Archivgebäude. Auch digitales Experimentieren gehört seit einiger Zeit zur Arbeit des Goethe-Museums: Faust in Videoerfahrung umgemünzt. Für die Museumsnacht wird ein Goethe-Avatar vorbereitet, der die Besucher Goethe auf besondere Weise erleben lässt.

Einen besonderen Dank sprach Wingertszahn an Frau Dr. Barbara Heuchel aus Sondershausen aus. Sie hatte sich dafür eingesetzt, dass ein Bild aus Privatbesitz aus Nordthüringen für das Goethemuseum ausgeliehen werden konnte. Dank auch an Helmut Krumme aus Bonn für die Vermittlung von Informationen aus dem Beethoven-Haus in Bonn.

Bericht aus Zürich

Welche Entwicklung die Goethepräsentation in der Schweiz genommen hat, darüber berichtete Dr. Margrit Wyder, Präsidentin der Goethe-Gesellschaft der Schweiz. 1999 hatte die Züricherin die erste Goethe-Ausstellung als Kuratorin ins Leben gerufen. Jetzt ist die erste Dauerausstellung zu Goethe auf dem Gotthardpass in einer Kaverne der ehemaligen alpinen Festung fertig. „Der Granit des Gotthards hat Goethe gereizt“, begründete Frau Wyder, warum die Ausstellung gerade hier angesiedelt wurde. Anfang Juli soll sie eröffnet werden.  Die Besucher müssen dazu etwa einen Kilometer in einen Stollen laufen, deshalb riet Frau Wyder zu festem Schuhwerk, Bergsteiger müsse man aber nicht sein, schob sie zugleich mögliche Bedenken beiseite. Geöffnet sein wird die Ausstellung jeweils von Juli bis Oktober.

Vorstellung der neuen Vorsitzenden

Dr. Beate Laudenberg (Karlsruhe) stellte Dr. Gerhard Friedl als neuen 1. Vorsitzenden vor, während sie selbst auf den Platz der 2. Vorsitzenden rückt. Der promovierte Lehrer, der außer mit Goethe auch mit Friedrich Schiller sehr vertraut ist, hatte tags darauf Gelegenheit, Weiteres zu seiner Person mitzuteilen. Einer seiner Vorträge unter dem Titel „Eine außerordentliche Erscheinung an unserm literarischen Himmel“ widmet sich Schillers „Don Carlos“.

Als die „Neue“ in Erlangen, seit drei Wochen, stellte sich Prof. Dr. Tanja Rudtke vor. Die Privatdozentin für Neuere deutsche Literatur hat zu Heine promoviert und war wissenschaftliche Mitarbeiterin der Uni Erlangen. In Seoul in Südkorea beschäftigte sie sich beispielsweise mit Goethes „West-östlichem Divan“. Zur Zeit widme sie sich vor allem der Stiftungsarbeit. Zu ihren speziellen Interessen gehören Klassik und Kulinarik.

Für die GG Nordenham erklärte Dr. Burkhard Leimbach, wie eineinhalb Jahre lang zunächst vergeblich ein Nachfolger bzw. eine Nachfolgerin für den Vorsitz gesucht wurde. Über einen Findungsausschuss mit Mitgliedern aus verschiedensten Bereichen wurde schließlich Stefanie Seyfarth angesprochen. Als Juristin und Geschäftsführerin der Handwerkskammer Oldenburg sei sie zwar, wie sie selbst sagte, eher eine „Exotin“, gestand, dass sie sich der Aufgabe anfangs nicht so recht bewusst, aber Leimbachs Charme erlegen war. Doch mit Blick auf das eingespielte Team sowie auf Goethe als Impulsgeber zeigte sich Frau Seyfarth recht optimistisch für die Zukunft der 75-jährigen Nordenhamer Goethegesellschaft.

Am Nachmittag besichtigten die Tagungsteilnehmer die Klosterkirche und die Stiftsbibliothek in Waldsassen. Goethe war auch dort gewesen. Am Abend begeisterte der Zamir-Chor aus Bayreuth mit einem Festkonzert.


Fortsetzung der Arbeitssitzung am 28. Mai 2022,  9 bis 12 Uhr

Vortrag zur Luisenburg

In seinem interessanten Festvortrag „Die Luisenburg zur Zeit Goethes: Rätsel – Idylle – Provokation – Ruhepunkt“ stimmte Siegfried Ziegler aus Erlangen die Teilnehmer auf den nachmittäglichen Besuch des Felsenlabyrinths bei Wunsiedel ein.

Ausgehend vom Namen – ursprünglich Lux-Burg mit der Bedeutung von „Licht und ins Land schauen“ – führte er die Zuhörer zu Goethes Interesse am Granit und zum Streit von Neptunisten und Plutonisten über die Entstehung von Gebirgen und Gesteinsgebilden. Gekonnt verknüpfte Ziegler Geografisches und Geschichtliches. Auch verdeutlichte er dem Publikum, wieso in der Luisenburg auch die „Insel Helgoland“ und ein „Napoleonhut“ ihren Platz gefunden haben.

Was es mit dem Zuckerschmuggel und mit den „Wollsäcken“ genannten Gesteinsformationen auf sich hat und wie die junge Prinzessin von Mecklenburg-Strelitz – und spätere preußische Königin – Luise das Idyll der wilden Natur erkundete und lieben lernte, erfuhr das Publikum ebenfalls. Es bedankte sich mit viel Beifall.

Diskussion

In der Aussprache nahm Dr. Barbara Heuchel aus Sondershausen das Wort. Sie verwies auf den 2017 erschienenen Band über Goethes weitgehend unbekannten Großvater väterlicherseits: Friedrich Georg Göthe und die dort erwähnten Nordthüringer Verwandten, denen sie gemeinsam mit Edith Baars eine Sonderausstellung gewidmet hat. Gezeigt wurde sie schon in Berka an der Werra; 2023 wird sie im Stadtmuseum Weimar zu sehen sein. Heuchel verwies darauf, dass die Wanderausstellung (18 Tafeln von 1×1 Metern Größe) auch von Ortsvereinen ausgeliehen werden kann.

Einladung nach Ludwigsburg

Die nächste Tagung der Ortsvorstände deutscher Goethegesellschaften wird am Himmelfahrtswochenende 2024 in Ludwigsburg stattfinden. Dazu lud der Erste Vorsitzende der GG Ludwigsburg, Werner Fleig, schon jetzt herzlich ein. Zwar gebe es noch keine Detailplanung, doch zeigte Fleig zahlreiche Anknüpfungspunkte auf, die für die bevorstehende Tagung eine Rolle spielen könnten. Angefangen vom Schloss bis hin zum Opernhaus. Er stellte einen Bezug zu Friedrich Schiller und zu Christian Friedrich Daniel Schubart her und hob hervor, dass rund um Ludwigsburg vier prominente Persönlichkeiten geboren wurden: Die Dichter Justinus Kerner und Eduard Mörike, der Ästhetiker und Poet Friedrich Theodor Vischer und der Theologe David Friedrich Strauß. Goethe sei zwar nicht in Ludwigsburg gewesen, habe aber auf dem Weg in die Schweiz 1797 die barocke Anlage im benachbarten Kornwestheim besichtigt.

Auch die naturwissenschaftliche Seite Goethes wollen die Ludwigsburger 2024 einbeziehen. Beispielsweise habe das Mitglied der GG, Dr. Werner Heil, Goethes Farbenlehre anhand von nachgestellten Versuchen überprüft. Mit der Vorstellung seiner Stadt und der Einladung zur Tagung verwies Fleig zugleich darauf, dass sich die Teilnehmer auf etwas mehr Kosten einstellen müssten, als das 2022 in der Tagungsstätte in Bad Alexandersbad im Evangelischen Bildungszentrum der Fall war.

Grüße, Anregungen, Kritiken

Grüße vom Vorstand der Wetzlaer Goethegesellschaft, speziell von Angelika Kunkel, die leider nicht an der Tagung teilnehmen konnte, überbrachte Oliver Meyer-Ellendt.

Bernd Kemter (Gera und Erfurt) regte an, ob nicht an einen Zugang zu Goethe außerhalb der Ortsvereinsstrukturen gedacht werden sollte. Mehrere Gesellschaften hätten sich ja leider bereits aufgelöst aus Altersgründen der Mitglieder oder weil Vorsitzende verstorben sind. Kemters Idee ist, dass Goethefreunde Kontakt mit ehemaligen Vortragsstätten neu knüpfen sollten, um dort einem interessierten breiten Publikum Vorträge und Ähnliches anzubieten. „Goethe wäre damit gerettet, auch ohne Existenz einer Ortsvereinigung“ meinte Kemter.

Prof. Dr. Jochen Golz entgegnete, dass „erst mal versucht werden soll, den Fortbestand der Vereine zu sichern“. Als positives Beispiel nannte er Altenburg, wo es gelungen sei, eine junge Frau, Luise Krischke, als Vorsitzende zu gewinnen.  Auch verwies er darauf, dass Ortsvereinigungen einen juristischen Status haben und Fördergelder beantragen können. Güstrow sei ein leuchtendes Beispiel für den Norden, wie Goethegesellschaften funktionieren können. Rothenburg, Kronach und Hildesheim seien zu eng auf die Person des Vorsitzenden zugeschnitten gewesen. Es sei auf jeden Fall gut, wenn man einen arbeitenden Vorstand hat, betonte Golz.

Barbara Heuchel erklärte, dass die OV Sondershausen kein e.V. ist, sondern sich durch Jahresspenden und Mitgliedsbeiträge zwischen 20 und 50 Euro über Wasser halte. Unterstützung käme auf Antrag auch von der Stadt, eine ehemalige Firma bezahle die Übernachtung der Referenten.

Unter der Rubrik „Wünsche, Anregungen, Kritiken“ an der Informationstafel war folgendes eingetragen worden:

  • Kritik: Abwesenheit des Präsidenten
  • Lob: Abholservice vom Zug
  • Lob: Führung durch Alexandersbad
  • Toll: Tagungszentrum und Programm
  • Weniger toll: Wo war der Präsident?
  • Kritik: Mikrofone nicht klar. Wo war der gesamte Vorstand Weimar – außer Herrn Golz?
  • Toll: Gutes Tagungszentrum, gute Organisation. Dank an Fam. Kemter. Dank Herrn Golz!

Am Sonnabendnachmittag wanderten die Tagungsteilnehmer durch das Felsenlabyrinth Luisenburg, je nach persönlicher Konstitution auf kurzer und leichterer oder längerer und schwierigerer Strecke. Dabei konnten sie Goethes Eindrücke von dem wild-romantischen Flecken Natur recht gut nachvollziehen.

Abends folgte ein Festbankett mit Tafelmusik am Piano, dargeboten von Dieter Schumann (GG Erfurt).

Am Sonntagvormittag folgten einige wenige Unermüdliche Goethes Spuren zum Seehaus, wo er sich mit Zinnwäsche und der Siebenstern-Blume beschäftigt hatte.


Schlagwörter