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Vortrag zu Schillers Bühnenbearbeitung
von Goethes „Stella“


Am 29. August 2023, nur einen Tag nach Goethes 274. Geburtstag, präsentieren wir das neue Goethe-Jahrbuch im Festsaal des Goethe-Nationalmuseums. Den Festvortrag hält Melanie Hillerkus von der Friedrich-Schiller-Universität Jena zu dem Thema: Ein glücklicher Fund – Schillers Bühnenbearbeitung von Goethes „Stella“. Nach dem Vortrag laden wir alle Gäste herzlich ein, mit uns ins Gespräch zu kommen bei einem Glas Wein im Foyer und Innenhof des Goethe-Nationalmuseums.

Goethe provoziert mit „Stella. Ein Schauspiel für Liebende“ im Jahr 1776 einen Skandal. Das Schlussbild des Sturm-und-Drang-Dramas zeigt eine innige Umarmung zu dritt: Der männliche Protagonist Fernando sieht sich am Ende mit seiner Ehefrau Cezilie und seiner Geliebten Stella glücklich vereint. Dieses Happy End beflügelt sofort die Fantasien der Zeitgenossen, wonach es sich hier um eine bigamische Verbindung handelt. Aufgrund dieser Brisanz ist dem Stück nur eine äußerst kurze Bühnenlaufbahn beschieden, da es allerorts in rasanter Geschwindigkeit verboten wird. Erst dreißig Jahre später entscheidet sich Goethe dafür, sein Jugenddrama für die Inszenierung am Weimarer Hoftheater bühnenfähig zu machen. In „Über das deutsche Theater“ (1815) gibt er kund, dass „Stella“ Schiller „ihre Erscheinung auf dem Theater verdankt“. Als Trauerspiel wird die Neufassung am 15. Januar 1806 in Weimar uraufgeführt. Die dieser Premiere zugrundeliegende Bühnenbearbeitung gilt als vernichtet. Allerdings ist bis heute eine Abschrift dieser Bühnenfassung, die Goethe im Jahr 1809 für das Frankfurter Theater anfertigen lässt, erhalten. Es handelt sich hierbei um den „glücklichen Fund“.

Der Fokus des Vortrags richtet sich auf die Entstehungs- und Überlieferungsgeschichte des Frankfurter Theatermanuskripts und auf die Frage, inwiefern sich aus dem Manuskript die Weimarer Bühnenfassung rekonstruieren lässt. Ferner wird die Bearbeitungspraxis beleuchtet, indem aufgezeigt werden soll, dass Schiller die gesamte Spielvorlage verändert. Es entsteht eine Bühnenbearbeitung, die nicht nur mit einer Katastrophe – dem doppelten Selbstmord – endet, sondern in Gänze modifiziert wird. Doch lässt sich anhand der Texteingriffe ein dramaturgisches Konzept ausmachen? Zudem wäre danach zu fragen, wie Schiller mit den vielen heiklen Stellen der Textvorlage umgegangen ist. Ist es zum Beispiel in der Bühnenfassung noch erlaubt, dass Cezilie in ihrer Erzählung der Graf-von-Gleichen-Sage von einem gemeinsamen „Bett“ spricht?

Das wiedergefundene Frankfurter Theatermanuskript wird von Melanie Hillerkus in einer kommentierten Edition zu Goethes „Stella“ veröffentlicht und damit erstmals für die Goethe-Forschung zugänglich gemacht. Die Edition erscheint im August im Wehrhahn-Verlag.

Melanie Hillerkus ist seit 2018 wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Germanistische Literaturwissenschaft an der Friedrich-Schiller-Universität Jena, zuvor Studium der Deutschsprachigen Literatur, Theaterwissenschaft und Philosophie an der Freien Universität Berlin. In ihrem interdisziplinär angelegten Dissertationsprojekt untersucht sie Geschlechterinszenierungen und Spielräume sexueller Freiheit im Drama und Theater des ausgehenden 18. Jahrhunderts.

Der Vortrag findet im Festsaal des Goethe-Nationalmuseums statt, Beginn ist 18 Uhr. Der Eintritt ist frei, um eine Spende wird gebeten. Nach dem Vortrag findet im Foyer des Goethe-Nationalmuseums ein Stehempfang statt.


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