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Fast alles über Farben – Vorstellung des „Farbenbuchs“ in Düsseldorf


Goethe hielt die „Farbenlehre“ für seine größte Leistung und bewertete sie als seinem literarischen Werk gleichbedeutend. Er überprüfte optische Phänomene mit wissenschaftlichen Mitteln, einen Teil seiner Experimente kann man in Schloss Jägerhof in Düsseldorf nachvollziehen: wie Licht sich bricht und das Spektrum der Farben für ein menschliches Auge sichtbar wird. Das dort jetzt vorgestellte „Farbenbuch“ dagegen verfolgt einen anderen Ansatz. Es erforscht und dokumentiert Pigmente als materielle Basis von Farben. Mineralien bieten in nicht wenigen Fällen die dafür notwendigen Substanzen.

Das hätte Goethe, Neuem gegenüber aufgeschlossen und an aktueller Wissenschaft interessiert, wohl aufmerksam zur Kenntnis genommen. Dieses „Farbenbuch“ bildet gewissermaßen eine Ergänzung seiner Forschung aus der Sicht der Bildenden Kunst. Mit seinen zahlreichen Pigmentanalysen, Abbildungen von Farbpulvern und Mustern, Beispielen der Verwendung bestimmter Farben in bedeutenden Werken der Malerei in der Kunstgeschichte und einer Zeitachse der Entwicklung des Farbenmaterials bis zur modernen Chemie demonstriert es Herstellung und Gebrauch des farblichen Materials.

Vom Beginn künstlerischer Darstellung an, seit Menschen ihre Höhlen schmückten und dort ihre verschiedenen Kulte und Götter feierten, haben sie Pigmente gefunden oder hergestellt, um Bilder farbig gestalten zu können, spielten Farben eine wichtige Rolle. Doch nicht nur religiöse oder ästhetische Dimensionen besaßen diese Bilder, sondern sie brachten ganz praktische Probleme. Manche Farben erwiesen sich nämlich als toxisch.

Die Autoren und Herausgeber Stefan Muntwyler, Juraj Lipscher und Hanspeter Schneider haben insgesamt 367 Pigmente und Farbstoffe analysiert und Informationen über möglichst viele Eigenarten dieser Materialien zusammengetragen. Was verbirgt sich, fragten sie, beispielsweise hinter Namen wie „Auripigment“, „Nepalgelb“ oder „Kirschkernschwarz“? Dank komplizierter Analysetechniken und aufwändigen Druckverfahren – hergestellt in kompliziertem 18-Farbendruck! – soll der Band diese Fragen, wie sie zunächst Künstler beschäftigen, Lesern und Kunstliebhabern nachvollziehbar präsentieren. Da sich kein Verlag fand, der dieses Mammut-Risiko übernehmen wollte, haben sie gleich noch ihren eigenen gegründet.

Über die Entstehung des Buches berichteten jetzt in Düsseldorf der Maler René Böll, er steuerte einen Beitrag als Künstler über den Umgang mit Farben bei, Juraj Lipscher und Hanspeter Schneider. Damit sei also alles über Farben erforscht und gesagt, meinte launig einer der Zuhörer. Nein, nicht ganz, wiegelten die Herausgeber mit eidgenössischer Bescheidenheit ab, aber: fast alles.


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