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Viefalt und Einheit bei den Liedtagen im Juni

von Karl-Peter Kammerlander

Über den Juni verteilt finden die nächsten „Liedtage“ der Hochschule für Musik Franz Liszt statt. Es ist bereits die 17. Ausgabe der Liedtage, auch diesmal geht es um Vielfalt und Einheit. Dies trifft gerade am ersten Abend zu (4.6., 19:30 Uhr, Saal am Palais) unter dem Titel „GROSSES OPUS – KLEINER ZYKLUS“. Viele Komponisten wollten der Flüchtigkeit von Liedern, ihrer intensiven, aber doch sehr zeitkomprimierten Aussage entgegenwirken , indem sie ihre Liedproduktionen zu kleinen oder großen opera, zu kleinen oder großen Zyklen, gewissermaßen zu stabileren „Liedgehäusen“ zusammenfügten und einen Zusammenhang generierten, der über die Summe der Teile hinausging. Die bestimmenden Ideen können dabei sein: die Würdigung einer bestimmten Dichterpersönlichkeit, die Gegenüberstellung diverser Affekte, der Gedanke an einen bestimmten Interpreten, die für publikationswürdig befundene Auswahl einer größeren Zahl von Liedversuchen… Diese Ideen stellen sich uns an diesem Abend in Liedgruppen von Ludwig van Beethoven, Alban Berg, Franz Schubert, Richard Strauss und Claude Debussy dar.

Am Mittwoch, dem 18. Juni 2025 (19:30 Uhr, Saal am Palais), folgt das „ABSCHLUSSKONZERT DER ENGLISCHEN LIEDKLASSE“: Nachdem das Englische Lied in einem goldenen Zeitalter in der Renaissance bis zum Frühbarock mit Komponisten wie John Dowland, Wiliam Byrd und Henry Purcell erstrahlte, gönnte sich die Insel eine vermeintliche, fast 300jährige Pause, um dann am Beginn des 20. Jahrhunderts die Welt quasi im Rausch mit wunderbaren Liedkompositionen zu verwöhnen. Auch wenn das kontinentale Europa längst stilistisches Neuland betrat, frönten die englischen Tondichter der Tradition und schwärmten eher für Neo-Romantizismus – oft auch in Wertschätzung für die Textdichter. „Shakespeare aus dem 16. Jahrhundert in Musik des 20. Jahrhunderts“: Das war seinerzeit ein Erfolgsrezept und musste sich nicht der Gefahr aussetzen, die Vergangenheit zu diskreditieren – very british. Man möchte meinen, dass Richard Stokes in seiner Gestalt sogar biologisch diese gesamte Zeitschiene abdeckt. Als Professor für Lied ist er nicht nur an der Royal Academy of Music, sondern international „die“ Lichtgestalt und ständiger Inspirator und Förderer von Liedsängerinnen und -sängern, von Liedpianistinnen und -pianisten. Als Schirmherr wird er auch dieses Konzert begleiten und gemeinsam mit Thomas Steinhöfel durch die kompositorische Welt von Britten, Gurney, Butterworth, Warlock, Ireland u. a. navigieren.

„KOMPONISTEN UM GOETHE“ lautet der Titel am 26.6. (19:30 Uhr, Saal am Palais). Hier sind sowohl Goethes Haus- und Hofmusiker, seine „Leib- und Magenkomponisten“ Philipp Christoph Kayser, Johann Friedrich Reichardt und Carl Friedrich Zelter vertreten, als auch die Großmeister Ludwig van Beethoven und Franz Schubert sowie fernere und nähere Goethebewunderer (Felix Mendelssohn Bartholdy, Fanny Hensel, Herzogin Anna Amalia). Und auf das Jubiläumsjahr (1775-2025) referieren zwei Kompositionen besonders: Carl Friedrich Zelter und der damalige Kapellmeister des Weimarer Hofs, Ernst Wilhelm Wolf haben sich der lyrischen Kantate „Serafina“ von Christoph Martin Wieland angenommen und daraus drei Kammerarien (auf gleicher Textgrundlage) vertont. Studierende der Musikwissenschaft kommentieren diese besonderen musikalischen Weimariana, solchermaßen ein kennzeichnendes Paradigma unserer Hochschule fortschreibend, nämlich das Prinzip der „klingenden Musikwissenschaft“.

Der 29.6. (Festsaal, 19:30 Uhr) beschließt mit „FRANZ LISZT UND UMFELD“ die Liedtage in diesem Semester. Lieder von Franz Liszt zu präsentieren, bedeutet immer noch eine Herausforderung: einerseits angesichts der erdrückenden Last seines Solo-Oeuvres und andererseits in der undankbaren Aufgabe, ‚unmenschliche‘ technische Herausforderungen besonders in der Gesangsstimme zu bewältigen. Wie international das Lied und insbesondere Franz Liszt ist, zeigt die Tatsache, dass die US-amerikanische Sopranistin Uma Singh sich diesem ganz verschrieben und zum Gegenstand eines Forschungsprojektes erhoben hat. Ausgezeichnet mit dem Fulbright Stipendium widmet sie sich insbesondere dem musikalischen Austausch zwischen Gesangs- und Klavierpart in großer romantischer Erzähltradition. Gemeinsam mit dem russischen Pianisten Andrey Zenin erklingen aber an diesem Abend nicht nur Kompositionen von Liszt, sondern auch von seinem Schüler Conrad Ansorge. Es ist, als führe dieser im Liedbereich die Sehnsucht nach großem Gefühl just in einer Zeit weiter, in der der Weimarer Meister zum Ende seines Lebens mit seinen späten Stücken sich verweigerte.


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